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stumpfhaus

Die Rekonstruktion

11. Kapitel



Wenn es etwas nicht mehr gibt, ist für eine Rekonstruktion des Fehlteils ein historischer Plan mehr wie hilfreich. Wie im Fall unserer abgeschossenen Turmspitze. Zum Glück war die Turbinenstation zur Zeit ihrer Erbauung im Jahr 1900 ein Prestigeobjekt, für die der renommierte Offenburger Architekt Friedrich Abel die Pläne ausgearbeitet hatte. So fand sich glücklicherweise im Firmenarchiv der Köhler Pappenfabrik Friedrich Abels handgezeichneter Plan vom September 1900, zusammen mit einer alten Photographie der Fertigstellung des Kraftwerks. Das waren die einzigen noch existierenden historischen Belege für eine mögliche Rekonstruktion der fehlenden Turmspitze.


Vor 125 Jahren gab es kein städtisches Bauamt, geschweige denn ein Denkmalamt oder ein anderes Amt, das mitreden wollte. Heute braucht es für all die Behörden und Ämter höchst detaillierte Pläne aus allen Himmelsrichtungen, 3 D Darstellungen, Befunde, Gutachten. Statiker, Vermesser und Architekten werden benötigt, um ein historisches Fehlteil wieder aufbauen zu dürfen ... aber vor allem braucht es einen Zimmermann, der noch die Kenntnis der handwerklichen Herstellung einer alten Turmspitze hat, wobei den letzteren zu finden sicherlich das schwierigste ist.


Es fand sich in dem erfahrenen Zimmermann Bernhard Heid aus Bermersbach, der für Daniel Suhm's Zimmerei in Strohbach tätig ist. Ohne Bernhard Heid wäre eine originalgetreue Rekonstruktion des "historischen Fehlteils" gar nicht erst möglich gewesen. "Es war schon eine Herausforderung", sagt er im nach hinein, hat er doch nicht nur den Bauplan entworfen, sondern war auch verantwortlich für die Herstellung.


"So ein Turm ist schon etwas besonderes, das findet man selten bei einem Zweckbau". Aber 1900 war die Reichenbacher Turbinenstation weit mehr als nur ein Kraftwerk, sie war ein ambioniertes Prestigeobjekt des Gengenbacher Pappenfabrikanten Albert Köhler, der stolz auf den Kopf seines Briefpapier druckte." Pappenfabrik mit eigenem Elektrizitätswerk und Telefonanschluss Nummer 10." (!)


So lag sein Wasserkraftwerk in unmittelbarer Nähe zur neuen Streckenführung der eingleisigen Bahntrasse der Großherzoglich Staatlichen Eisenbahn durchs Kinzigtal.

Und erst mit so einem hohen Turm konnte man die revolutionäre Turbinenstation vom Abteilfenster der Eisenbahn aus sehen. Stolz war nicht nur der Fabrikbesitzer (unten links im Bild), sondern alle Arbeiter, die im September 1900 an dem aufregenden Bauprojekt mithalfen, denn hier entstand Zukunft: die erste Versorgung der Bauern, Winzer - und Handwerkstadt Gengenbach mit elektrischem Strom.








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